Freitag, 8. März 2024
19:30 – 20:30 Uhr
Effinger 2. OG
Community
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Im Unterschied zu Zeitungen lesen wir Romane nicht, um uns über Geschehnisse der realen Welt ins Bild zu setzen. Vielmehr schwelgen wir bei unseren literarischen Streifzügen in Welten, die bloss vorgestellt sind. Diese Tatsache wirft philosophische Fragen auf, die uns alle betreffen: Ist es rational, dass uns das Schicksal einer vorgestellten Figur wie Lenùs «genialer Freundin» Lina aus Elena Ferrantes gleichnamigem Roman zutiefst bewegen kann? Wie kann es sein, dass wir mitunter den Eindruck haben, wir lernen beim Lesen etwas fürs Leben, obwohl doch alles oder zumindest vieles, was wir lesen, erfunden ist? Warum wollen wir, dass unsere Kinder lesen, und warum müssen wir sie manchmal dazu überreden? Es scheint bequemer zu sein, sich aufs Sofa zu setzen und von Netflix berieseln zu lassen, als ein Buch zur Hand zu nehmen. Aber sind wir uns nicht oftmals einig, dass ein Roman «besser» ist als seine Verfilmung?
Diese und andere Fragen werden wir gemeinsam diskutieren. Dabei werden wir den Fokus auf die Rolle der Fantasie, genauer der Vorstellungskraft legen. Die Auffassung liegt nahe, dass wir uns das, was Romanautor:innen erdichteten, lediglich vorzustellen haben. Das Verstehen eines literarischen Textes geht aber übers blosse Nachvollziehen einer Bauanleitung hinaus: Es verlangt einen aktiven, kreativen Einsatz der Vorstellungskraft. Darin unterscheidet sich der Verzehr eines Romans wesentlich vom Zeitunglesen oder Filmschauen. Und das erklärt, warum es zwar Arbeit, letztlich aber oft bereichernd und bisweilen gar lehrreich ist, einen literarischen Text zu lesen.
Mit dem Publikum diskutieren Julia Langkau (Philosophin und Schriftstellerin), die als Expertin ins Thema einführt, sowie Andreas Heise (Bibliothekar, Philosoph und Mitglied der Effinger-Community), der als Gastgeber moderiert.